Seit ein paar Jahren liegt die ad libitum Tränke schwer im Trend und das ist auch absolut gerechtfertigt. Denn viele Untersuchungen zeigen die positiven Auswirkungen, wenn Kälber unbegrenzt Milch bekommen. Die Tiere entwickeln sich besser, sind gesünder und leistungsfähiger. Auch wenn die Kälber doch erkranken, sind ad-libitum getränkte Kälber im Vorteil, da sie Krankheiten besser verkraften und länger fit bleiben. Doch worauf kommt es an und welche Fehler sollten vermieden werden?
Das Ziel der ad-libitum-Tränke ist es dem natürlichen Tränkeverhalten der Kälber möglichst nahe zu kommen, indem das Kalb jederzeit Milch zur freien Verfügung hat.
Gestartet wird aber wie beim restriktiven Tränken mit der Kolostrumversorgung. Hier gilt: „so schnell wie möglich und so viel wie möglich!“ Nach der ersten Biestmilchgabe, die in der Regel ja über eine Nuckelflasche verabreicht wird, gilt es das neugeborene Kalb schnell an den Nuckeleimer zu gewöhnen. Denn sobald das Kalb selbständig am Eimer trinken kann verbleibt er durchgängig beim Tier und das Kalb bedient sich selbst
Die Nuckeleimer werden von nun ab zweimal täglich mit frischer Milch befüllt. Dabei muss der Eimer nur einmal am Tag gereinigt werden. Beim zweiten Mal reicht es den Eimer lediglich neu zu befüllen. Die Milch muss immer leicht angesäuert werden, um die Vermehrung von Keimen wie beispielsweise E. coli Bakterien zu vermeiden. Dabei sollte ein pH-Wert von 5,5 nicht unterschritten werden, da sonst die Akzeptanz der Tiere leidet. Wer fertige Säureprodukte, die in flüssiger- oder Pulverform am Markt erhältlich sind, nutzt, sollte hier deswegen gut auf die Dosierungsangaben achten. Es kann aber auch beispielsweise Apfelessig zum Ansäuern verwendet werden. Um die Milch zusätzlich vor Verunreinigungen und Fliegen zu schützen sollten die Nuckeleimer mit einem Deckel ausgestattet sein. Außerdem sollten regelmäßig die Nuckel kontrolliert und ggf. ausgewechselt werden, dass die Kälber möglichst langsam trinken. Wenn die Nuckel intakt sind braucht man sich auch keine Sorgen zu machen, das Kalb könnte zu viel Milch trinken.
So bekommen die Tiere in den ersten 3 Lebenswochen täglich Milch zur freien Aufnahme. Wichtig ist dabei die Kontrolle von Tränkeaufnahme und Gesundheitsstatus. Das ist manchmal gar nicht so einfach, denn ad-libitum getränkte Kälber haben keinen Heißhunger, wie restriktiv getränkte. So kann es häufig vorkommen, dass ein Kalb überhaupt nicht auf den frisch aufgefüllten Eimer reagiert. Deswegen sollten neben intensiver Tierbeobachtung die Tränkemengen der einzelnen Tiere notiert werden, um Abweichungen frühzeitig zu erkennen.
Trotz der hohen Tränkemengen sollten den Kälbern zusätzlich Wasser, Heu und Kraftfutter bzw. eine Kälber-TMR angeboten werden. Da sie sich so schon früh an Festfutter gewöhnen können. Das ist wichtige denn nach ca. 4 Wochen freier Tränkeaufnahme sollte die Milchmenge langsam reduziert werden, um die Festfutteraufnahme zu fördern. Wichtig dabei ist, die Tränkemenge nicht zu schnell zu reduzieren, sonst können sich die Kälber nicht schnell genug umstellen.
Das wichtigste bei der ad-libitum-Tränke aber ist, dass die Kälber von Anfang an daran gewöhnt werden. Ein Kalb, das zuerst restriktiv getränkt wurde, wird immer sehr schnell und hastig saufen. Dadurch gelangt die Milch zu schnell in den Labmagen und von da zu schnell in den Pansen, was zu Durchfällen führt. Das bedeutetet in der Umstellungsphase natürlich ein Mehraufwand, da zunächst nur die Neugeborenen ad-libitum getränkt werden können.
Doch dieser Aufwand lohnt sich!
Denn ist die Umstellungsphase erst einmal überstanden verringert sich der Arbeitsaufwand, unter anderem weil die Eimer bei den Kälbern verbleiben und nur einmal am Tag gereinigt werden müssen. Auch das Umstallen in die Gruppenhaltung gelingt in der Regel reibungsloser und kann schon früher erfolgen. Restriktiv getränkten Kälber neigen eher dazu schwächere Tiere zu verdrängen und zum gegenseitigen Besaugen.
Auch in weiteren Studien wurden schon vielseitige positive Auswirkungen belegt. So weisen ad-libitum getränkte Kälber hohe Tageszunahmen von bis zu 1.000 g auf. Bei Masttieren kann so das Mastgewicht früher erreicht und bei Färsen eine Leistungssteigerung beobachtet werden. Das liegt aber nicht nur an der besseren Gewichtsentwicklung. Studien zeigen, dass Kälber mit ad-libitum Tränke gesünder sind. Zum einen senkt die angesäuerte Milch das Durchfallrisiko, da sie leichter verdaulich ist, zum anderen nehmen die Kälber ihre Milch deutlich langsamer auf, was sich zusätzlich positiv auf die Verdauung auswirkt. Außerdem sind die Kälber robuster und widerstandfähiger. Was zusätzlich den Arbeitsaufwand deutlich verringer.
Doch nicht nur während der Aufzucht sind positive Effekte der ad-libitum-Tränke festzustellen. Laut Dr. Hans-Jürgen Kunz hat sich die Milchleistung der Tiere in den ersten zwei Laktationen um 405 kg erhöht.